Wer uns schon auf Messen, oder beim Hundetag im Tierpark Berlin getroffen hat, weiß: Der Parcours in Standnähe gehört zu uns. Oft nennen die Leute ihn dann Agility Parcours, was naheliegt, sieht er doch auf den ersten Blick genauso aus.
Auf den zweiten Blick allerdings, erkennt man ein paar kleine aber feine Unterschiede. Die Hürden sind niedrig, „einfach“ zu bewältigen und es liegen seltsame Dinge herum wie Knisterfolie, Bretter, oder Hula Hoop Reifen. Das Kernstück der TTouch Bodenarbeit ist das Labyrinth, auf das wir weiter unten im Text noch näher eingehen.
Und der allerwichtigste Unterschied zum Agility: Der Parcours wird immer langsam und mit Achtsamkeit durchlaufen.
Lernerfahrungen in der Bodenarbeit
Zunächst liegt es in unserer Verantwortung, den Parcours so zu gestalten, dass der Hund erfolgreich sein kann. Stellt ein Hindernis ihn vor eine Herausforderung, wird es verändert, bzw. einfacher gestaltet. Wir passen es so lange an, bis der Hund es schafft, hinüber oder hindurchzulaufen.
Somit hat er in der Bodenarbeit gleich Erfolge erzielt und wir haben etwas für sein Selbstbewusstsein getan. Im Parcours kann der Hund nichts falsch machen. Die Lernerfahrungen sollen positiv sein. Wenn gar nichts geht, ist auch Abbrechen erlaubt und keine Schande.
Hier tasten wir uns dann über die anderen Möglichkeiten des Tellington TTouches heran und probieren es mit der Bodenarbeit später noch einmal.
Diese Lernerfahrung ist für Hund und Mensch wichtig, denn ein jeder kommt einmal an Grenzen, die er nicht sofort überwinden kann.
In den Workshops fragen die Hundehalter uns dann, ob der Hund nicht einfach nur stur wäre, keine Lust hat mitzumachen, oder ihnen auf der Nase herumtanzt. Das sind menschliche Interpretationen, die eigentlich in jeder Form von Training fehl am Platze sind. Im Alltag führt das dann oft zu unschönen Erfahrungen für Hund und Halter.
Wenn Dein Hund etwas nicht machen will, sich sträubt, den Rückwärtsgang einlegt, viel am Boden schnüffelt, ständig in die Leine prescht, an Dir hochspringt, bellt, etc., dann können das Übersprungshandlungen oder Beschwichtigungssignale sein.
Dein Hund KANN einfach nicht leisten, was Du gerade von ihm verlangst, weil er es noch nicht verstanden hat, oder Dein Trainingsschritt zu groß für ihn ist. Verändere Deine Haltung und Du änderst das Verhalten, ist ein Spruch, der hier sehr gut passt. Wer hat den eigentlich mal erdacht?
Wie hilft die Bodenarbeit meinem Hund?
Jeder von uns hat sicher schon mal einen Hund gesehen, der heftig an der Leine zog. Wenn wir von Ungleichgewicht sprechen, können wir uns also einfach mal Hund und Halter vorstellen, wie sie da so durch die Gegend rennen.
Der eine frustriert, weil er nicht schnell genug ans Ziel kommt, der andere, weil sein Arm wehtut und er doch einst von schön entspannten Runden mit seinem Hund träumte.
Jetzt packen wir die beiden in die TTouch Bodenarbeit (auch Lernparcours genannt). Katastrophe? Nein. Naja, vielleicht am Anfang.
Durch den aufgebauten Parcours schaffen wir erst mal einen optischen Rahmen. Diese Wegvorgabe hilft Hund und Mensch konzentrierter zu arbeiten. Statt Planlosem hinterher hasten in offenem Terrain, kann der Halter sich nun bewusst im Rahmen der Hindernisse bewegen.
Dies gelingt ihm besser durch die zwei Führpunkte am Hund. Die Karabiner werden dabei auf Halsband und Geschirr verteilt. Möglich ist auch ein Brustring vorne am Geschirr, damit man kein Halsband nutzen muss.
Jetzt wird der Hund mit zwei Händen geführt. Die Daumen zeigen dabei immer in Richtung des Hundes. Zwei Führpunkte helfen uns, den Hund immer wieder in sein körperliches Gleichgewicht zu bringen.
Die Leine wird zum Kommunikationsmittel und unsere Körperhaltung wird sich verändern. Der Fokus liegt jetzt zu 100 % auf dem Hund und wie man ihn richtig durch den Parcours führen kann.
Ein wichtiger Punkt, denn Deine Körpersprache ist so wertvoll und zeigt dem Hund zusätzlich was er tun soll und wo es langgeht. Achte doch mal ganz bewusst darauf, wie Du Deine Körpersprache einsetzt um Deinen Hund (an der Leine) durch den Alltag zu führen.
Ist ihm immer klar was Du meinst?
Gestaltung der Bodenarbeit
Laufen wir mit unserem Hund durch die Bodenarbeit, beginnt es im Hundegehirn zu rattern. Durch die Veränderung im Bewegungsablauf und durch die andere Art der Führung des Menschen, fördern wir eigenständiges Denken und Intelligenz.
Ein neues Bewusstsein entsteht. Dieses Bewusstsein erschaffen wir u. a. durch die verschiedenen Elemente des Parcours.
Hier haben wir z.B.
- das Labyrinth
- die Leiter
- Bretter
- andere Untergründe (deiner Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt)
Das Herzstück der Bodenarbeit ist das Labyrinth. Wir laufen gemeinsam mit dem Hund sehr langsam und mit Achtsamkeit hindurch. Das Führen durch das Labyrinth steigert die Beweglichkeit beider Körperseiten. Es ist, wie auch andere Elemente der Bodenarbeit, sehr gut in der Physiotherapie einsetzbar. Die optische Wegvorgabe ist eine große Hilfe für Hund und Halter und fördert die Konzentration auf beiden Seiten.
Das Lernen wird leichter und statt zu reagieren, lernen Mensch und Hund hier miteinander zu kooperieren. Die Beziehung wird gestärkt und es öffnen sich spannende Türen für ein gemeinsames Training. Bindung, Vertrauen und die gemeinsame Zusammenarbeit stehen im Fokus.
Das Brett, die Leiter und die unterschiedlichen Untergründe fördern das emotionale und körperliche Gleichgewicht des Hundes. Sie sind besonders für unsichere, ängstliche und auch Hunde mit Aggressionsproblematik eine echte Herausforderung.
Denn wenn wir genauer hinschauen, ist eines bei allen immer zu erkennen, der Hund ist nicht mehr im Gleichgewicht, nicht mehr in seiner Balance.
Mit den verschiedenen Untergründen erschaffen wir nun eine Basis, in der der Hund lernt, sich selbst wieder besser einzuschätzen, ein anderes Gefühl für sich und seinen Körper zu erlangen.
Durch die neuen Bewegungsabläufe, lernt er sich auf anderes zu fokussieren und sich selbst wieder mehr zu vertrauen.
Im Alltag kann sich das dann auf unterschiedliche Weise widerspiegeln.
Z.B. in einem kurzen Moment der Achtsamkeit, die du benötigst, um richtiges Verhalten zu verstärken, statt anderes zu unterbrechen. Durch die andere Art zu Führen hast du wieder mehr Kontrolle und kannst agieren, statt zu reagieren.
Durch die gesteigerte Lernfähigkeit und die stark reduzierte körperliche Anspannung, kannst du effektiver und zielgerichteter trainieren.
Ein entspannter Körper sendet andere Signale an das Gehirn und das kann der entscheidende Punkt sein, der euch bisher gefehlt hat, bzw. den du dir unbedingt zunutze machen solltest.
Fazit
Zum Abschluss dieses Teils der Bodenarbeit sei dir gesagt, bei der Gestaltung sind dir keine Grenzen gesetzt. Jedes Element in der Bodenarbeit kann Erstaunliches bewirken. Du kannst die Bodenarbeit immer dem Lernstatus deines Hundes anpassen. Es geht darum etwas zu erschaffen, das dein Hund gut bewältigen kann. Aus dem er mit einem Erfolgserlebnis herausgehen kann. Damit stärkst du nicht nur sein Selbstvertrauen, sondern auch deines. Positive Lernerlebnisse sind für Mensch und Hund wichtig, für die Beziehung zwischen euch beiden und schaffen Vertrauen für alles was noch kommen wird.
Hey Claudia! Das ist ganz toll, vielen Dank dafür! Gibt es noch eine Fortsetzung?
Und bekomme ich vielleicht irgendwo mehr Anleitungsmaterial her?Wäre für meinen unruhigen Hund und mich genau das richtige…
Lieben Dank und beste Grüße
Vio
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